Säugetiere wurden lange nur in Nesthocker und Nestflüchter klassifiziert. Nesthocker, zum Beispiel Katzen, warten auch während der Abwesenheit der Mutter im Nest auf ihre Rückkehr. Nestflüchter, zum Beispiel Pferde, laufen bald selbstständig nach der Geburt und folgen der Mutter. Menschen folgen allerdings keinem der beiden Muster. Der Schweizer Zoologe Adolf Portmann prägte den Begriff der "physiologischen Frühgeburt", denn Menschen können nach der Geburt weder selbstständig laufen noch alleine im Nest zurückbleiben. Sie sind auf die konstante Anwesenheit und Fürsorge eines Erwachsenen angewiesen. Menschen haben im überwiegenden Teil der Menschheitsgeschichte als Nomaden gelebt und haben daher auch ihre Kinder bei sich getragen. Das Getragen werden ist daher seit Generationen ein wichtiger Teil der Kindheit. Denn nur wenn Babys getragen wurden, blieben sie bei ihrer Gruppe und waren vor wilden Tieren und gefährlicher Witterung geschützt. Genau wie Affen werden Menschen daher als Traglinge klassifiziert. Am Körper eines Erwachsenen getragen ist daher für Babys instinktiv der sicherste und natürlichste Ort. Daran hat sich auch heute nichts geändert. Durch das Tragen bieten wir unseren Kindern ein Sicherheitsgefühl, das nur durch körperliche und emotionale Nähe entstehen kann. Von diesem Sicherheitsgefühl werden Kinder ihr Leben lang profitieren.
Tragen unterstützt außerdem die gesunde körperliche Entwicklung von Kindern, so werden z.B. Muskeln trainiert wenn sich Babys an die Bewegungen des Tragenden anpassen, und die natürliche Anhock-Spreiz-Haltung unterstützt die gesunde Hüftentwicklung des Kindes. Durch die erfahrene Begrenzung durch das Tragetuch machen Kinder wichtige sensorische Erfahrungen – wo hört der eigene Körper auf und wo fängt die Außenwelt an?